Trotz Corona waren wir dieses Jahr im Sommerurlaub. Glücklicherweise war unsere Planung bereits schon lange so, dass sich der Urlaub in Deutschland und Dänemark abspielen sollte. Außerdem lässt sich „physical distancing“ in einem Segelurlaub zu zweit auch relativ gut durchführen. Auch diesmal hat mir der Segelurlaub viele Stunden des Nachdenkens und Reflektierens geschenkt. Und immer wieder fällt mir beim Segeln auf, wie viele Parallelen es gibt zur Führung eines Teams oder eines Unternehmens. Wir hatten Visionen, wir haben geplant und die Realität hat dann Fakten geschaffen.

Vision

Warum bricht man auf zu einem Segeltörn? Warum leite ich ein Team oder ein Unternehmen? Ohne ein „Warum“ oder eine Vision machen weder Urlaub noch Unternehmertum Sinn.

Unsere Vision war es (noch vor Corona), vom deutschen Ostseeufer aus aufzubrechen und eine Runde in der dänischen Südsee zu drehen. Die Vorstellung war traumhaft: eine schöne Brise mit der wir gut vorankommen, Sommerwetter, farbenfrohe Sonnenuntergänge über dem Wasser, Segeln auf einem kleinen, tüchtigen und schönen klassischen Segelboot. Entspannt genießen wir die Zeit und erholen uns richtig gut, sehen neue Orte und Landschaften, lernen neue Leute kennen.

Auch bei der Führung eines Unternehmens brauche ich solch eine Vision. Warum gibt es mein Unternehmen? Was ist das große Leitbild, das mir den Weg vorgibt? Natürlich kann ein Unternehmen auch Geld verdienen, ohne eine attraktive Vision – nur ist das selten von anhaltendem Erfolg gekrönt. Teams arbeiten besser, wenn es eine Vision gibt. Denn nur dann, wenn ein Mensch den Sinn der Arbeit versteht und sich damit identifizieren kann, erhält die eigene Arbeit einen Sinn. Die Anekdote vom Steinmetz veranschaulicht das sehr schön: Ein Passant beobachtet einen Steinmetz, der in gebückter Haltung an einem Dom saß, Steine behaute und einfügte. Er fragte: „Sagen Sie mal, wie schaffen Sie diese harte Arbeit? Sie behauen den ganzen Tag schwere Steine und trotzdem wirken Sie begeistert und glücklich!“. Der Steinmetz antwortete darauf: „Was heißt hier Steine behauen. Ich arbeite mit daran, einen Dom zu bauen – und was könnte schöner sein?“

Dabei sind Visionen, bei denen auch die Finanzen eine Rolle spielen, durchaus sinnvoll – schließlich soll das Unternehmen erfolgreich sein. Viele erfolgreiche Visionen von Unternehmen spiegeln das Thema Geld jedoch nicht in erster Linie wider (Ikea, Tesla, Google). Der finanzielle Erfolg kommt mit dem unternehmerischen Erfolg, der sich aus der Vision herleitet. Und eine gute Unternehmenskultur ist ebefalls mit einer guten und gut kommunizierten Vision leichter zu erreichen.

Planung – erst wenn die Vision steht

Mit der Vision alleine gelingt weder der Urlaub noch der Geschäftserfolg. Also planen wir. Wir haben uns über Wetter und vorherrschende Winde informiert, Seekarten studiert und Hafenhandbücher gelesen. Soweit so gut. Dann kam der Covid-19 Lockdown und die Unsicherheit, ob und wie ein Urlaub überhaupt stattfinden kann. (OK, zuerst kam die Hoffnung, dass der Spuk bis Ende Juni vorbei sein würde. Leider kein Spuk und leider nicht vorbei.)  Zunächst warten wir ab. Irgendwann zeichnet sich ab, das Chartern eines Bootes wird wohl bis Ende Juni gehen. Wir planen um und überlegen, wohin fahren wir, wenn ein Besuch von Häfen in Dänemark nicht möglich ist. Eine neue Routenplanung entsteht. Kurz vor unserer Abreise: Chartern geht, die Häfen sind grundsätzlich offen, die Grenze nach Dänemark ist offen (und unser Bootsvermieter hat zum Glück die Krise bisher finanziell überstanden). Wir freuen uns und ziehen den alten Plan wieder aus der Tasche.

So oder so ähnlich ist die Realität doch auch in Unternehmen. Ein Plan entsteht und muss immer wieder angepasst werden. Dinge, die man sich einfach vorgestellt hat, sind schwerer als gedacht oder dauern einfach länger. Personal muss erst geschult oder aufgebaut werden. Die Lieferkette funktioniert nicht. Flexibilität (auch bekannt als Change Management) ist jetzt die Königsdisziplin. Führungskräfte haben in dieser Planungsphase die wichtige Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Vision nach wie vor präsent ist. Kommunikation ist in dieser Phase das A und O. Teams schätzen es, wenn sie mitgenommen werden bei der Planung. Mitnehmen heißt mindestens informieren aber auch um Rat und Meinungen fragen. Der Flurfunk wird sowieso dafür sorgen, dass Umplanungen nicht geheim bleiben. Besser offen darüber reden und erklären, wie trotz (oder gerade wegen) der neuen Planung die Vision erreicht werden kann.

Realität – aufgebaut auf Vision und Planung

In unserem Fall war die Realität das Wetter. Wir sind weder blauäugig noch leichtsinnig und wissen aus 20 Jahren Segelerfahrung, dass ein zu hause geschmiedeter Plan selten genau so funktioniert. Diesmal hat es uns aber schon getroffen. Die Wettervorhersage für unsere erste Woche war Wind, Wind, Wind… Unser 7 Meter langes und 2,50 breites, tüchtiges Folkeboot verträgt einiges, aber keine 7 Beaufort, in Böen bis zu 9. Wir planen um. Wir müssen in der ersten Woche 3 Hafentage einbauen, das hat Auswirkungen auf den Rest des Törns. Aber nicht genug, nach einer kurzen Wetterberuhigung, geht es wieder los. Nochmal Wind mit über 7 Beaufort und wieder 3 Hafentage (übrigens auch für größere Yachten).

Kennen Sie das aus Ihrem Arbeitsalltag? Alles fing so gut an und dann kommt eine schlechte Nachricht nach der anderen. Sie müssen mit den Fakten umgehen, sich neu einstellen, wieder neu planen. Haben Sie die Vision noch im Auge? Ihr Team auch? Wenn die Vision glasklar ist, dann fällt es auch leichter, mit der Realität zu leben. Dann ziehen auch alle Mitarbeiter an einem Strang und sorgen dafür, dass die Realität gut eingebaut wird und Hindernisse bei Seite geräumt werden.

Mein Fazit: Vision – Planung – Realität

Wir hatten einen wunderbaren Urlaub – mit dem geplanten Abstecher nach Dänemark (unter anderem auf eine winzige, „hyggelige“ Insel, die wir vorher nicht auf dem Radarschirm hatten). Das Segeln war wunderbar und wir haben uns gut erholt. Wir hatten Sommerwetter (und anderes Wetter), tolle Sonnenuntergänge, haben neue Landschaften und neue Menschen kennengelernt. Die schöne Brise war oft eine steife Brise, aber auch damit sind wir gut umgegangen. Unsere Vision hat sich komplett realisiert.

Die Vision hat uns geholfen, auch mental auf Kurs zu bleiben. Aber uns hat auch geholfen, dass wir uns immer wieder vor Augen geführt haben, was wir erreicht und erlebt haben. Wir haben nicht dem ursprünglichen Kurs nachgetrauert sondern uns an der neuen Inselentdeckung gefreut, an dem kleinen, freundschaftlichen und inoffiziellen „Rennen“ mit einem anderen Boot auf der Strecke, an den netten Gesprächen mit den Bootsnachbarn, die auch im Hafen geblieben waren, und so weiter.

Im Unternehmen sind genau diese Dinge wichtige Erfolgsfaktoren: Die Vision klar vor Augen haben, flexibel auf neue Gegebenheiten reagieren, Erfolge zeitnah feiern. Natürlich gibt es auch frustrierende Momente, wenn der Plan zum x-ten Mal geändert werden muss. Wichtig ist, dass die Frustration nicht die Oberhand bekommt. Und die Vision gepaart mit der Aufmerksamkeit auf die Gegenwart (Achtsamkeit kann man auch sagen) hilft dabei, die Frustration in Zaum zu halten.

Habe ich Ihr Interesse an dem Dreiklang von Vision, Planung und Realität geweckt? Gerne stehe ich als Sparringspartnerin, Coach oder Beraterin an Ihrer Seite, wenn es darum geht, eine Vision zu entwickeln. Vielleicht soll auch eine bestehende Vision weiter entwickelt oder greifbarer werden? Sie haben eine Vision, aber die Realität hat zu viel „Wind“ im Gepäck? Kontaktieren Sie mich, ich freue mich auf Ihre Vision, Ihren Plan und Ihren Umgang mit der Realität.