Glück – was ist das eigentlich?

Ist es ein stilles, zufriedenes Gefühl? Oder die Ekstase im Moment des Lottogewinns? Vielleicht das tolle Gefühl, im Arm eines geliebten Menschen zu liegen?

All das ist Glück – und rein biologisch gesprochen ist es schlichtweg die Ausschüttung von Botenstoffen im Gehirn (hauptsächlich Endorphine und Neurotransmitter).

Während es im Englischen (und in anderen Sprachen) 2 Wörter für „glücklich sein“ (to be happy oder to be lucky) wird im Deutschen nicht zwischen dem Glück unterschieden, das sich einstellt, wenn ein Zustand der Zufriedenheit oder des Wohlbefindens herrscht und dem Glück im Sinne von „Glück gehabt – ein Unglück ist nicht eingetroffen“. In diesem Blogartikel geht es um den Zustand der Zufriedenheit. Glück in der zweiten Bedeutung wünsche ich uns trotzdem allen!

Die Psychologie hat viel geforscht zu diesem Thema und es gibt unzählige Bücher mit dem Wort Glück im Titel. In der Theorie wissen wir eigentlich ganz genau, was wir tun sollten, um glücklich zu sein. In der Praxis – gelingt es uns nicht immer.

Was macht uns glücklich? (glauben wir)

Wenn Menschen danach gefragt werden, was sie brauchen, um glücklich zu sein, werden oft die folgenden Dinge erwähnt:

  • Materielle Dinge (schöne / große Wohnung oder Haus, tolles Auto, Reisen, Boot-Pferd-Flugzeug-…)
  • Erfolg im Beruf (die nächste Beförderung mit Gehaltserhöhung und Firmenwagen – siehe oben, das bestandene Examen oder die erfolgreich abgelegte Weiterbildung)
  • Der perfekte Körper
  • Der perfekte Partner / die perfekte Partnerin und die Liebe

Diese Wünsche haben sich oft sehr hartnäckig in uns manifestiert. Sie sind oft auch anerzogen oder gelten als „normal“ in einem gewissen Kulturkreis. Aber die Glücksforschung hat gezeigt, wenn eine gewisse materielle Sicherheit im Leben erreicht ist, dann führen noch mehr materielle Dinge nicht automatisch zu mehr Glück. Das können wir auch immer wieder an Lottogewinnern beobachten, die nach dem Gewinn langfristig nicht glücklicher sind als vorher.

Warum streben wir nach dem „falschen“ Glück?

Dafür gibt es ein paar Gründe und gemeinerweise trickst uns unser Gehirn an dieser Stelle regelmäsig aus.

Unsere Intuition ist oft falsch

Wir glauben, als denkende und intelligente Wesen, dass wir die Dinge analytisch angehen. Aber leider ist das Wissen um bestimmte Sachverhalte nicht einmal die halbe Miete. Wir alle wissen, dass €9,99 und €10,00 fast der gleiche Preis ist. Dennoch sind unsere physischen und die online Läden voll mit Preisen, die eine 9 am Ende haben. Wir wissen, dass wir „getäuscht“ werden und fallen trotzdem immer wieder darauf herein. Auch der Glaube, dass das Wissen ausreicht, um unser Vehalten zu ändern, ist falsch. Verhaltensänderung ist anstrengend, braucht Zeit und Disziplin. 

Wir wählen unsere Referenzpunkte für Glück willkürlich

Wir können nicht in Absoluten denken, wir brauchen wir immer eine Referenz: grösser, kleiner, älter, jünger, teurer, billiger… als. Und bei der Frage nach dem Glück ist eine ganz zentrale Frage die, mit was wir uns vergleichen. Eine schon 1995 durchgeführte Studie mit Olymiasiegern hat folgendes gezeigt: Am glücklichsten war (keine Überraschung) der Goldmedaillengewinner oder die Goldmedaillengewinnerin. Am zweitglücklichsten war überraschenderweise der Gewinner oder die Gewinnerin der Bronzemedaille. Warum? Er oder sie hatte als Referenz den 4. Platz: „wenn ich nur 1 Sekunde langsamer gewesen wäre, hätte ich keine Medaille gehabt.“ Am wenigsten glücklich war der Silbermedaillengewinner oder die Silbermedaillengewinnerin. Die Referenz: „wenn ich nur 1 Sekunde schneller gewesen wäre, hätte ich Gold gehabt.“

Auch im Arbeitsleben und im Alltag sind unsere Referenz „die anderen“ – meine Kollegen und Kolleginnen, die mehr verdienen, mein Nachbar, der das grössere Auto hat, meine Nachbarin, die sich ein Boot gekauft hat. Und so weiter. Selten vergleichen wir uns mit den Menschen, die „weniger“ haben. Wir schauen sozusagen immer auf die Goldmedaille.

Wir gewöhnen uns schnell an unser neues Glück

Die Gewöhnung an Neues ist evolutionsbiologisch eine Überlebensstrategie. Wir gewöhnen uns also auch heute sowohl an gute als auch schlechte Dinge erstaunlich Zeit. Damit werden die positiven aber auch die negativen Effekte weniger. Für unser Glück heisst, das, wir finden ein neues Auto, die Beförderung, die verlorenen 3 Kilo oder den Traumpartner wundervoll, wenn sie neu sind und wir die damit verbundenen Gefühle zum ersten Mal erleben. Mit der Zeit verschwindet aber das „Wundervolle“ und wird normal. 

Gemeinerweise überschätzen wir auch noch sowohl unser Glücksgefühl bei positiven Dingen als auch unser Unglücksgefühl bei negativen Dingen. Wir glauben, dass wir wesentlich glücklicher sein werden, wenn wir die Beförderung erhalten, als wir nachher tatsächlich sind. Wir glauben auch, dass wir wesentlich unglücklicher sein werden, wenn wir zum Beispiel das Examen bei der Weiterbildung nicht bestehen, als es nachher der Fall ist. In unserer Vorstellung fokussieren wir uns komplett auf dieses eine Ding – und vergessen alle anderen Dinge darumherum. Ausserdem vergessen wir, wie schnell wir uns an die neue Situation gewöhnen.

Was macht uns wirklich glücklich?

Zum einen kann ich mir überlegen, welche Elemente der materiellen Dinge mich wirklich glücklich machen. Zum anderen geht es darum, neue und andere Dinge zu tun, die erwiesenermaßen zu meinem Glück beitragen.

Erfolg – was daran macht mich glücklich?

Angenommen, meine materielle Basis ist soweit gesichert, dass ich keine Not leide, dann lohnt es sich darüber nachzudenken, ob ich im Beruf meine Stärken wirklich einsetze. Stärkenbasiertes Arbeiten ist nichts Neues, aber es bringt auf jeden Fall sowohl eine höhere Prduktivität als auch eine erhöhte Zufriedenheit. Herausfordernde aber erreichbare Ziele ermöglichen es mir, im „Flow“ zu arbeiten. (Flow: der ideale Zustand zwischen Über- und Unterforderung, bei dem ich Zeit und Raum vergessen kann.)

Neue Dinge, die zum Glück beitragen

  • Eine tiefgehende Verbindung mit anderen Menschen – soziale Kontakte, intensive Gespräche und Austausch
  • Gutes Tun – auf Mitmenschen achten, helfen, spenden, unterstützen.
  • Referenzpunkte anpassen – daran denken wie es vorher war, social media kontrolliert benutzen, Abwechslung in unsere Erlebnisse einbauen, regelmässig (Dankbarkeits-)Tagebuch schreiben.
  • In Erlebnisse investieren statt in materielle Dinge – an das neue Auto gewöhne ich mich schnell, die Reise geht vorüber und lebt in meiner Erinnerung weiter.
  • Achtsam und im Hier&Jetzt sein, die Erlebnisse und die Dinge geniessen, reflektieren, darüber sprechen.
  • Ausreichend Schlaf (mind. 7 Stunden / Nacht) und Bewegung (erstaunlicherweise reichen schon 30 Minuten, mehr ist erlaubt).

Wenn Sie ein oder mehrere dieser Dinge ausprobieren wollen, denken Sie daran: Verhaltensänderung braucht Zeit und ist manchmal auch anstrengend.  Machen Sie einen Plan. Beziehen Sie Ihre Umgebung ein und erzählen Sie von Ihrem Vorhaben, bitten Sie vielleicht auch um Unterstützung. Behalten Sie Ihr Growth Mindset bei – jede und jeder kann immer dazulernen.

Glück – Einladung zur Reflexion

Fragen Sie sich doch einmal:

  • Wann habe ich mich das letzte Mal richtig glücklich gefühlt?
  • Wie trickst mein Gehirn mich aus? Sind es die Referenzpunkte oder die Gewöhnung, die Überschätzung oder mein Glaube an den Intellekt?
  • Welche 1 Sache würde ich gerne einmal ausprobieren, um mein Glücksbarometer nach oben zu schieben und wie kann ich das gut umsetzen?

Ich freue mich, wenn Sie ins Tun kommen. Und wenn es alleine nicht klappt – gerne unterstütze ich Sie. (Momentan gibt es noch das Sommercoaching2021 – ein tolles Angebot bis 31.8.2021.)