Jahresfeedback-Gespräch – ein ungeliebtes Thema. Dennoch ist noch im festen Repertoire vieler Firmen. Oft höre ich von Führungskräften, dass sie das Gespräch durchführen „müssen“, weil der Prozess es so erfordert. Dass ein Prozess auch in Frage gestellt werden kann, das ist eher selten das Thema und wäre auch ein anderer Blogbeitrag. Und ja, dass das nicht immer einfach ist oder gar schnell geht, weiss ich.

Ich nehme an, das Gespräch „muss“ geführt werden, weil „der Prozess“ (wahlweise „HR“) das so verlangt. Wie kann ich als Führungskraft dann sicherstellen, dass das Gespräch mehr als eine lästige Pflichtübung ist sondern für beide Seiten wertvoll wird? Dazu 5 Tipps aus meiner eigenen Erfahrung und aus der Erfahrung der Führungskräfte, mit denen ich gearbeitet habe.

1. Das Jahresfeedback Gespräch ist nie das einzige Feedback Gespräch im Jahr

Feedback, das zeitnah erfolgt, kann per Definition nie 12 Monate warten, bis „der Termin“ im Kalender steht. Erfolgreiche Führungskräfte legen Wert auf regelmäßige Feedback Schleifen und auf einen Dialog übers Jahr. Was regelmäßig bedeutet, kann sehr unterschiedlich sein, ist aber nie nur 1x im Jahr.

In einem Feedback Gespräch kann immer über die Leistung, das Verhalten und die Kompetenzen eines Mitarbeitenden gesprochen werden. Wenn ich mehrere oder viele Gespräche im Jahr habe, dann verteilen sich die Themen situativ. Das ist viel leichter zu verdauen aber auch viel leichter zu vermitteln. Der Termin wird für Führungskraft und Mitarbeitenden einfacher, konkreter und spezifischer. Es gibt keine Überraschungen. Ausserdem können so Ziele übers Jahr angepasst werden, auf neue Situationen besser reagiert werden.

Das Jahresfeedback Gespräch ist dann eine Zusammenfassung und kann ein Ausblick in die Zukunft sein.

2. Das Gespräch wird gut vorbereitet

Vorbereitung darf von 2 Seiten erfolgen: die Führungskraft aber auch die Mitarbeitenden. Ich habe früher vor meinem Jahresfeedback Gespräch meinen eigenen Jahresrückblick gemacht (im Dezember ist der vergangene Januar und die Erfolge und Herausforderungen des 1. Quartals ganz schön weit weg). Das hat es mir erleichtert, im Gespräch gemeinsam mit meiner Führungskraft zu diskutieren und zu reflektieren. Ausserdem ist der schöne Nebeneffekt, dass ich meine eigene Erfolgsbilanz bereits gezogen habe und im Idealfall gestärkt und selbstbewusst ins Gespräch gehe.

Hilfreich ist es auch, wenn ich mir Gedanken über meine berufliche Zukunft mache: bin ich zufrieden wo ich gerade bin oder gibt es Veränderungsbedarf? Gibt es Weiterbildungen an denen ich Interesse habe oder die ich vielleicht gerade brauche für mein Projekt? Habe ich Feedback an meine Führungskraft?

Die Führungskraft ist gefragt um die Zusammenfassung vorzubereiten und sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Wie geht es weiter – gibt es neue Rollen im Team, Karrierepläne, Weiterbildungsbedarf? Was davon betrifft den einzelnen Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin und was will ich ansprechen.

Für beide Partner gilt (in allen Feedback Gesprächen): konkrete Beispiele nennen. Eine gute Form für ein Feedback ist die WWW Methode: Meine Wahrnehmung, die Wirkung des Verhaltens und mein Wunsch, wie es anders sein könnte wird formuliert.

3. Das Jahresfeedback Gespräch findet auf Augenhöhe statt

Wer hat eigentlich wieviel Redeanteil in dem Gespräch? Ist es ein Monolog der Führungskraft, die die möglicherweise vorher formulierten Punkte referiert oder ist es ein echter Dialog? Wenn das Gespräch auf Augenhöhe und in einem ungestörten Rahmen stattfindet, ist es zum einen wieder angenehmer für beide Teile aber auch viel produktiver.

Zur Augenhöhe gehört für mich auch, dass die Führungskraft Feedback bei den Mitarbeitenden zu ihrer Leistung, Verhalten und Kompetenz einholt.

4. Im Jahresfeedback Gespräch wird über die Zukunft gesprochen

Warum sollte ich über die Zukunft sprechen, wenn es doch FeedBACK heisst? In einem guten Feedback Gespräch geht es immer auch darum, wie ich Dinge, die mir zurückgemeldet werden ändern kann – damit spreche ich auch von der Zukunft. Dabei kann es sich um ganz unterschiedliche Aspekte der Zukunft handeln. Aber manchmal ändern sich auch Randbedingungen, auch das darf ins Feedback Gespräch einfliessen.

Beispiel Weiterbildung: vielleicht hat ein Mitarbeiter an einer Stelle keine gute Leistung bringen können, weil ihm oder ihr Wissen oder Können gefehlt hat. Wie kann in Zukunft diese Lücke gestopft werden? Oder eine Mitarbeiterin möchte neue Aufgaben übernehmen, strebt dafür eine Zertifizierung an, welche Weiterbildungsmaßnahmen sind sinnvoll, passen in den Zeitplan und ins Budget?

Beispiel Karriere: wissen Führungskraft und Mitarbeitende voneinander, welche Erwartungen sie haben? Wenn es Pläne geben darf, wie sehen diese aus? Welche Meilensteine gibt es auf dem Weg? Wenn es unterschiedliche Ansichten gibt, woran liegt es? Welche Aktionen können ergriffen werden?

Beispiel Strategie: verändert sich in absehbarer Zeit etwas Grundsätzliches in der Ausrichtung des Unternehmens oder der Abteilung? Wie können Mitarbeitende darauf gut vorbereitet sein?

Das alles sind Zukunftsthemen, die in ein Feedback Gespräch gehören und es erst richtig vollständig machen.

5. Das Jahresfeedback Gespräch ist entkoppelt von einer formalen Leistungsbeurteilung

Wenn ich als Führungskraft im Jahresfeedback Gespräch eine formale Leistungsbeurteilung abgeben muss, gegebenenfalls nach Normalverteilung über mein Team, dann wird das Feedback Gespräch oft zur Farce. Es werden krampfhaft Dinge gesucht (häufig überraschende Punkte für die Mitarbeitenden), die die Einordnung in eine „schlechtere“ Gruppe scheinbar rechtfertigen. Eine ungute Situation für beide Beteiligten. Das generiert Frustration und ist demotivierend (tatsächlich oft für beide Parteien). Ich denke übrigens auch, dass eine Leistungsbeurteilung abgeschafft gehört. Gut geführte Feedback Gespräche dagegen dürfen bleiben.

Fazit

Feedback Gespräche sind wichtig und von Mitarbeitenden gewünscht, sogar geschätzt, wenn sie gut gemacht sind. Interessante Diskussionen und Kommentare gab es hierzu bei LinkedIn zu einem Beitrag von mir zu diesem Thema.

Auch wenn mich „der Prozess zwingt“ ein Jahresfeedback Gespräch zu führen, kann ich als Führungskraft dafür sorgen, dass es ein gutes, konstruktives und sinnvolles Gespräch ist.

Wenn es einen solchen Prozess nicht gibt, gibt es viele schöne Möglichkeiten gemeinsam mit dem Team oder mit den einzelnen Mitarbeitenden Bilanz zu ziehen und Pläne zu machen.

Wie ist es in Ihrem Unternehmen und in ihrem Team? Gibt es ein Jahresfeedback Gespräch? Wie läuft es ab? Was war ein tolles Erlebnis? Was geht gar nicht?

Wollen Sie in Ihrem Team eine andere Feedback Kultur etablieren oder eine Team-Retrospektive aufsetzen? Ich unterstütze Sie gerne.