In meinem letzten Blogartikel habe ich beschreiben, warum es sich für Führungskräfte lohnt, sich mit dem Thema Mindfulness zu beschäftigen. Aber wie mache ich das denn jetzt in der Praxis? Hier möchte ich ein paar ganz einfache und kurze Mindfulness Praktiken vorstellen, die mir sehr geholfen haben, mich dem Thema zu nähern. Es geht also darum  „mindfulness Tipps ganz pragmatisch“ auszuprobieren. Vielleicht schaffen Sie es, aus dem Stand eine Stunde zu meditieren – ich kann das bis heute nicht gut. Und das ist (inzwischen) auch OK so für mich.

Bei allen beschriebenen Mindfulness Tipps ist es am besten, wenn Sie aufrecht sitzen und sich einen Moment der Stille gönnen, um sich auf die Übung einzustellen. Bei meinen „MindfulnessTipps ganz pragmatisch“ ist aber das Schöne, dass Sie manche davon auch als „Erste-Hilfe-Kasten“ in akut stressigen Situationen durchführen können. Auch und gerade, wenn andere Menschen dabei sind. Und dabei machen wir meist eben nicht die Augen zu und setzen uns in einer meditativen Haltung (was auch immer das ist) hin.

1. Tipp – Der Atem

Praktischerweise haben wir den Atem ja immer dabei. Ohne Atem, ohne Sauerstoff funktioniert unser Gehirn einfach nicht gut. Daher ist für mich immer noch das Atmen eine wunderbare, einfach durchzuführende Mindfulness-Praxis.

Mir hilft diese Übung besonders, wenn ich merke, dass ich in Stress und Hektik gerate. Das mehrmalige tiefe, bewusste und langsame Ein- und Ausatmen hilft mir dabei, mich wieder in einen ruhigeren Zustand zu bringen und zu fokussieren. Das Atmen können Sie sogar im Konferenzraum oder online Meeting machen – das wird niemand bemerken.

So geht es:

Atmen Sie ein und aus – wie immer. Jetzt atmen Sie bewusst ein und zählen dabei auf 4. Dann bewusst ausatmen und dabei wieder auf 4 zählen. Mehrmals wiederholen. Versuchen Sie gleich lang ein- und auszuatmen (also gleich schnell zählen).

2. Tipp – Das Fühlen

Auch unsere Finger haben wir immer dabei – Mindfulness pragmatisch heisst für mich auch, keine Rüstzeit zu haben. Auch diese Übung ist eine, die ich gerne mache, wenn ich merke, dass ich nicht konzentriert bin. Wenn meine Gedanken auf Reisen gehen, das aber gerade gar nicht passt. Ich mache diese Übung auch häufig dirket vor einem Coaching Termin um mich ganz auf das Kommene einzustellen. Sie können mal ausprobieren, ob sie Ihnen vor einem wichtigen Termin oder Gespräch hilft. (Hier möchte ich auch eine Quelle angeben: ich habe diese Übung bei Shirzad Chamine kennengelernt.)

So geht es:

Reiben Sie Zeigefinger oder Mittelfinger und Daumen sanft aneinander, sodass Sie die Rillen in Ihren Fingerkuppen spüren. Fühlen Sie ganz bewusst hin. Wie fühlt sich das an? Gibt es Unebenheiten, rauhe Stellen, Narben vielleicht. Das geht am besten mit geschlossenen Augen, aber auch mit offenen Augen (zum Beispiel in einem Konferenzraum). Wenn Sie die Augen offen lassen, versuchen Sie den Blick „verschwimmen“ zu lassen um nicht durch das Sehen abgelenkt zu werden.

Wenn Sie eine Schreibtisch oder Konferenztisch mit einer Maserung haben, geht es auch ganz gut, wenn ihre Fingerspitzen diese Oberfläche für 1-2 Minuten ertasten und genauso intensiv erforschen.

3. Tipp – Das Gehen

Als ich noch Führungskraft im Grosskonzern war, war mein Tag oft vollgestopft und ich hatte wenig Pausen. Aber ich musste manchmal doch ein Stückchen gehen von Konferenzraum zu Konferenzraum. Wenn es möglich war, habe ich dabei oft den Weg „aussen herum“ – also im Freien genommen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch wenig Übung mit Achtsamkeitspraxis, aber im Nachhinein ist mir klar geworden, ich habe mir damit eine kleine Auszeit genommen. Nehmen Sie sich doch diese Auszeit bewusst. Nutzen Sie Pausen für einen kurzen Spaziergang im Freien. Sie tanken Sauerstoff, bei Sonnenschein auch noch Vitamin D und Sie entspannen Ihre Augen.

So geht es:

Schon wenn Sie sich einfach an der frischen Luft bewegen, tun Sie sich etwas Gutes. Um eine Prise Mindfulness hinzuzufügen, gehen Sie alleine, lassen Sie Ihr Smartphone aus und hören Sie auch keinen Podcast oder ähnliches. Stattdesse achten Sie einmal auf Ihre Haltung: Wie gehen Sie? Hängen die Schultern? Heben Sie die Füsse oder schleift einer oder beide? Achten Sie auf Ihre Umgebung: Was sehen Sie? Was hören Sie?  Achten Sie auf Ihren Atem: Atmen Sie tief oder oberflächlich? Vielleicht machen Sie auch die Atemübung aus dem ersten Tipp, während Sie gehen. Schon 10 Minuten machen einen grossen Unterschied.

4. Tipp – Das Warten

Was machen Sie eigentlich, wenn Sie als Fussgänger oder Fussgängerin an einer roten Ampel stehen? Wenn Sie im Wartezimmer beim Arzt sitzen? Wenn Sie auf den Bus oder die Bahn warten? Ich wette: Smartphone raus und Mails, Chats und Social Media checken. Machen Sie doch einfach mal einen „Mindful Moment“ daraus. Ich habe lange rote Fussgängerampeln als persönliches Hindernis gesehen. Inzwischen nutze ich diese Momente für ein kurzes Innehalten. Atmen, Bewusst Sehen, manchmal auch Hören (der Wind in den Blättern des Baumes, die Autoreifen, das Quietschen der Bahn). (An dieser Stelle ein Danke an Nele Kreyssig, die mir mit Ihrem Mindfulness Workshop die Inspiration dazu gab.)

So geht es:

Smartphone stecken lassen, aufrecht hinstellen und sehen, hören, riechen – ganz bewusst. Meistens nur maximal 30 Sekunden, dann ist die Ampel schon grün  – aber es ist ganz anders als 30 Sekunden auf einen Bildschirm zu starren. (Ok, beim Arzt kann es länger dauern.)

5. Tipp – Das Schreiben

Diese Übung erfordert ein paar Minuten ungestörte Zeit, Papier und Stift. Mir macht die Übung auch mehr Freude, wenn ich ein schönes Notizbuch für diesen Zweck benutze. Wir sind am Ende des Tages oft darauf fokussiert, was wir alles wieder nicht geschafft haben, was schlecht lief, was wir morgen vielleicht nachholen müssen. Dabei übersehen wir leicht, was wir geschafft, erreicht und geleistet haben. Um uns dies bewusst in den Fokus zu holen, hilft es, ein paar Minuten am Abend zu reflektieren. Diese Übung macht uns auf Dauer zufriedener und ausgeglichener. Sie können in 2 Richtungen arbeiten. Entweder notieren Sie Erfolge oder Dinge für die Sie dankbar sind (auch beides ist erlaubt – ich würde aber 2 Listen empfehlen und keine Mischung.) Anfangs fällt es Ihnen vielleicht schwer, 3 Dinge zu finden. Mit Übung wird das leichter. Durch die regelmässige Praxis schulen Sie Ihren Blick und Ihr Gedächtnis im Lauf der Zeit.

So geht es:

Nehmen Sie Stift und Papier, sorgen Sie für 5-10 Minuten Ungestörtheit, suchen Sie sich am besten auch einen angenehmen Platz. Gehen Sie in Gedanken den Tag durch (wenn Sie die Übung morgens machen, nehmen Sie den vergangengen Tag) und notieren Sie mindestens 3 Dinge für die Sie dankbar sind oder 3 Dinge, die Ihnen richtig gut gelungen sind. In beiden Fällen müssen es Dinge sein, die am diesem Tag passiert sind. Das muss nicht der ganz grosse, nobelpreis-verdächtige Wurf sein. Sie können dankbar dafür sein, dass Sie am Morgen einen ungewöhnlichen Vogel am Vogelhaus gesehen haben oder dass Sie Zeit hatten, mit Ihrem Partner in Ruhe Kaffee zu trinken, oder dass Sie einen tollen Geschäftsabschluss gemacht haben.

Mindfulness Tipps – ganz pragmatisch

War da etwas für Sie dabei? Haben Sie noch weitere Mindfulness Tipps oder Ideen, wie Sie Mindfulness in Ihren Alltag integrieren können? Ich freue mich, von Ihnen zu hören.