Warum Laissez-faire Führung nicht funktioniert
Laissez-faire Führung, ein Beispiel: „Ich werde noch wahnsinnig“, kam neulich eine Kundin zu mir ins Coaching. Mein Chef lässt alles laufen. Nie gibt er eine Anweisung, nie greift er ein, wenn etwas schiefläuft. Das belastet mich sehr und ich hatte so eine Situation auch noch nie.
Worum ging es genau?
Wie verhalte ich mich als Mitarbeiterin am besten, wenn die Führungskraft ihren Job nicht macht, also Prozesse nicht festlegt, Zuständigkeiten nicht benennt, Teammeetings nicht vorbereitet, Fehlverhalten nicht bewertet. Genau das wird oft als Laissez-faire bezeichnet.
Meine Klientin kam mit viel Unsicherheit ins Coaching. Sie war noch relativ neu im Unternehmen und hatte noch nie eine Führungskraft, die so unklar geführt hat. Sie hat sich auf die Aufgabe im neuen Unternehmen aber sehr gefreut und will nicht gleich aufgeben.
Warum ist Laissez-faire problematisch?
Was passiert, wenn die Führungskraft so komplett im Laissez-faire Modus agiert? (Laissez faire kommt aus dem Französischen und heisst „etwas geschehen lassen“. Es ist einer von vielen Führungsstilen, die immer wieder zitiert werden. Zu Führungsstilen finden Sie mehr in meinem Blogartikel „Beidhändige Führung„.)
Im Team entsteht Unruhe und Unmut. Manche Team Mitglieder vermeiden bestimmte Aufgaben (auch wenn sie in ihrer Zuständigkeit liegen), andere Team Mitglieder sind überlastet, weil sie diese Aufgaben mit stemmen. Meine Klientin neigt dazu Verantwortung und Aufgaben zu übernehmen, die eigentlich Chefsache sind. Sie fühlt sich aber unwohl damit, weil sie sich immer fragt „darf ich das?“.
Nun reden wir oft von New Work, von Arbeiten ohne/in flachen Hierarchien – aber im Fall meiner Klientin gab es eine Hierarchie, allerdings wurde die „Macht“ nicht ausgeübt. Die Führungskraft kreiert damit ein merkwürdiges Vakuum.
Raus aus der Opferhaltung
Schon bevor sie zu mir kam, hat meine Klientin sehr scharf beobachtet – sich selber, die Kollegen und Kolleginnen und ihren Chef. Im Coaching hat sie daher recht schnell einige Ideen und Taktiken entwickeln können, wie sie mit dieser Situation besser umgehen kann.
- Eine andere Einstellung – sie will sich nicht mehr jeden Tag mehrmals über die Situation aufregen, sondern überlegt, welche Chancen sie dadurch hat, selber zu gestalten. Am Beispiel der fehlenden Prozesse: der Chef legt sie nicht fest, meine Klientin hat aber Ideen und den Bedarf: sie macht einfach mal, definiert den Prozess und stellt ihn vor. Zunächst ist das mehr Arbeit, aber meine Klientin hat auch erkannt, dass sie damit ihre Arbeitszufriedenheit erhöht und vermutlich langfristig Zeit spart und effizienter arbeiten kann.
- Dinge bleiben liegen – erst einmal analysieren. Sind meiner Klientin diese Dinge wichtig, weil sie zum Beispiel ihre Kundenbeziehung negativ beeinflussen können, wenn sie unerledigt bleiben? Dann einfach machen – und auch dem Chef gegenüber darüber reden. Sind die liegengebliebenen Dinge ihr nicht wichtig? Liegen lassen.
- Nicht benannte Zuständigkeiten: Da gibt es Themen, die ihr am Herzen liegen und die ihr Spaß machen. Sie will sich die „Rosinen“ herauszupicken und dabei auch auf Ihre Arbeitsbelastung zu achten.
- Feedback an den Chef geben: dosiert und in Ich-Botschaften (eine gute Methode ist die WWW Methode). Da sie noch recht neu im Team ist, wird sie auch versuchen den „Neuling-Bonus“ einzusetzen nach dem Motto: „ich schaue da noch unbeeinflusst drauf, folgendes ist mir aufgefallen“. Das testet sie erst mal mit den unvorbereiteten Teammeetings, die für sie eine große Zeitverschwendung sind.
Kluges Balancieren – der gute Umgang mit Laissez-faire
Im Wesentlichen geht es in solchen Situationen darum, sich selber klar zu werden, „was ist mir wichtig“. Und dann entsprechende Aktionen in die Wege leiten. Und dann wird sich meine Klientin aus manchen Dingen raushalten und sie laufenlassen und bei anderen Dingen sich einmischen oder einfach machen. Durch ihre feine Beobachtungsgabe und das analytische Denken kann sie sich diese Punkte nun sehr bewusst aussuchen. Toller Nebeneffekt: Dadurch, dass sie an einigen Stellen selber gestaltet, kann sie ihre eigene Jobzufriedenheit erhöhen und vielleicht manche spannende Aufgabe angehen, die ihr Chef ihr nicht „gegeben“ hätte.
Haben Sie Erfahrung mit „Laissez-faire“ Chefs oder Chefinnen? Wie ging es Ihnen damit und wie sind Sie mit der Situation umgegangen?
Kontaktieren Sie mich gerne, wenn Sie Unterstützung mit einer Laissez-faire Führugnskraft suchen – oder wenn es eine andere Art der Führung ist, mit der Sie nicht zurechtkommen.
Anmerkung: das Kundenbeispiel ist anonymisiert und verfremdet.