Open Door? Ja – nein – vielleicht: 5 Tipps

von | Feb. 24, 2023 | Führung

Open Door für Führungskräfte – gute Idee?

Immer wieder begegnen mir Führungskräfte, die sich Gedanken darüber machen, wie sie guten Kontakt zu ihren Teammitgliedern halten können. Das sind oft auch die Führungskräfte, die immer wieder bewusst mit dem Team in die Kantine gehen, Kaffeepausen machen, Teamevents organisieren.

Sie haben generell ein großes Interesse am menschlichen Aspekt der Zusammenarbeit. Und das ist auch wunderbar! Oft haben diese Führungskräfte für sich eine Open Door Policy etabliert oder halten eine firmeninterne Open Door Policy besonders streng ein. Aber – genau die gleichen Personen haben dann ein Problem damit, ungestörte „Zeitinseln“ für kreative oder strategische Aufgaben zu finden.

Da so viele von uns inzwischen mal im Büro, mal zu Hause, mal von irgendwoher arbeiten, verwende ich Open Door hier sinnbildlich. Eine offene Türe kann die echte Bürotüre sein, kann aber auch das „ich bin verfügbar“ Signal in digitalen Kommunikationskanälen sein. Die Teammitglieder treten also physisch ein oder melden sich online.

Beide Formen des „Eintretens“ durch die open door sind Unterbrechungen. Auf die digitalen Signale lohnt es sich sogar besonders zu achten, denn diese haben oft mehr als eine Türe, durch die sie eintreten können: Nachrichten auf diversen Kommunikationskanälen, E-Mails, SMS, Chat-tools.

Für mich ist es schon lange eine gute Lösung, die sogenannten Notifikationen meistens ausgeschaltet zu lassen. Ich entscheide, wann ich nach neuen Nachrichten sehe.

Die eine Sicht: Meine Türe ist immer offen für mein Team

Ich gebe zu, Open Door war lange Zeit auch mein Credo. Wobei „immer“ schon damals hieß, „immer, wenn ich nicht in einer Telefonkonferenz oder einem Meeting bin“. Mein Team hat das auch durchaus geschätzt. Ich galt als nahbar und ansprechbar.

Warum war mir Open Door wichtig? Ich habe diese Auswirkungen beobachtet:

  1. Verbesserte Kommunikation: es findet ein direkter Austausch zwischen Mitarbeitenden und Führungskraft statt.
  2. Mehr Vertrauen und höhere Zufriedenheit: meine Mitarbeitenden fühlten sich wertgeschätzt und vertrauten mir mehr. Ich habe Ihnen das Gefühl gegeben, dass ich sie wichtig und ernst nehme.
  3. Schnellere Problemlösung: wenn es etwas zu entscheiden oder ein Problem zu lösen gab, kann das schneller passieren, als wenn die Mitarbeitenden auf einen Regeltermin warten müssen.
  4. Überlastung der Führungskraft: es bestand die Gefahr, dass ich als „universeller Problemlöser“ gesehen wurde, damit einher kann schnell eine Überlastung eintreten.
  5. Überlastung durch ständige Unterbrechung: die Hirnforschung hat längst gezeigt, dass Unterbrechungen Produktivitätskiller sind. Nach jeder Unterbrechung brauche ich wieder Zeit, bis ich in meinem Thema richtig angekommen bin und kann erst dann wieder weitermachen. Ich verliere also mit jeder Unterbrechung nicht nur den Faden, sondern echte Zeit.
  6. Entmündigung der Mitarbeitenden: wenn ich mit jedem kleinen Anliegen zu meiner Führungskraft kommen darf und die für mich Entscheidungen trifft, Probleme löst und Hindernisse aus dem Weg räumt, habe ich keine Verantwortung mehr. Das kann auch sehr schnell zu Frustration bei den Mitarbeitenden führen, auch wenn es bequem scheint. Dieser Gefahr war ich mir sehr bewusst – hat aber nicht immer geklappt.

Die andere Sicht: Macht bitte einen Termin mit mir

Viele Führungskräfte mögen es nicht, „zwischen Tür und Angel“ überfallen zu werden. Sie sind ansprechbar, aber bitte mit Terminvereinbarung und nicht generell mit open door. Auf das online Arbeiten übertragen: diese Menschen haben einen „bitte nicht stören“ oder „nicht verfügbar“ Status.

Effekte der strengen Terminvergabe:

  1. Planbarkeit: Die Führungskraft wird nicht überrascht vom Gesprächswunsch, hat den Termin im Kalender, kann ihn also in die Tagesplanung einbauen.
  2. Effektive Delegation: Bevor Mitarbeitende auf einen Termin warten, lösen sie das Problem in Eigeninitiative.
  3. „Kleinigkeiten“ sammeln sich an: viele „kleine“ Themen werden nicht adressiert oder addieren sich zu einer ellenlangen Liste auf. Manch ein Thema hat vielleicht auch Brisanz verloren, bis der Termin kommt (das kann auch gut sein – schon von selber erledigt).
  4. Geringeres Vertrauen: wenn sich eine Führungskraft gefühlt abschottet, können Mitarbeitende glauben, dass sie nicht wertgeschätzt werden, ihre Meinung nicht zählt.

Gibt es einen Mittelweg zwischen bedingungsloser Open Door und Terminvergabe?

Wie kann es aussehen, wenn ich als Führungskraft sowohl nahbar und ansprechbar sein will, als auch effektiv arbeiten will und meine Mitarbeitenden dazu bringen will, Probleme selber zu lösen?

Meine Tipps dazu:

  1. Regeltermine mit jedem Mitarbeitenden einführen. In diesen Terminen können zeitnah Probleme besprochen werden, Anliegen diskutiert und Feedback gegeben werden. Mitarbeitende wissen, dass diese Termine regelmäßig kommen, alles, was nicht super dringend ist, kann auf diesen Termin warten.
  2. Zeitblöcke für Open Door Zeiten im Kalender einplanen. Wann habe ich als Führungskraft vielleicht eine nicht so produktive Phase und kann dann gut als spontaner Sparringspartner agieren? Und wenn dann gerade niemand kommt, ist sicher immer etwas im E-Mail-Postfach, das meine Aufmerksamkeit bekommen kann.
  3. Klare Regeln beim Delegieren: Klare Ziele und Erwartungen formulieren, klaren Entscheidungsrahmen definieren, offen sein für Rückfragen oder Rücksprachen. (Das klingt sehr einfach, ist aber durchaus komplex).
  4. Klare Regeln, was bei Problemen erwartet wird: Erwartungshaltung ist hier, die Mitarbeitenden sind die Experten und wissen am besten, wie ein Problem zu lösen ist. Gibt es mehrere Optionen und die Mitarbeitenden brauchen Hilfe bei der Entscheidung für eine Option, soll klar sein, welche Informationen die Führungskraft braucht, um unterstützen zu können. Nachfragen „und welche Option würden Sie wählen?“. Und nicht zuletzt, sollte das Vertrauen ausgesprochen werden, dass die Führungskraft hinter den Mitarbeitenden steht und die Entscheidungen mitträgt.
  5. Feedback: sowohl wenn etwas gelungen ist als, auch wenn etwas schiefging, ist ein Feedback erforderlich. Hat ein Mitarbeitender eine Entscheidung getroffen, die sich im Nachhinein als falsch herausgestellt hat, darf ein Lessons learnt nicht fehlen.

Verbindlichkeit, Nahbarkeit, Vertrauen

Um diese Dinge geht es, beim Thema Open Door. Allerdings bin ich fest davon überzeugt, dass keine dieser Eigenschaften davon abhängt, ob meine (virtuelle oder reale) Bürotür offen ist.

Für alle Führungskräfte, die hauptsächlich aus der Distanz führen, ist es besonders wichtig, Verbindlichkeit, Nahbarkeit und Vertrauen aufzubauen – und die Lösung heißt nicht, dass alle Kommunikationskanäle immer offen sind und Smartphone und Laptop um die Wette summen und klingeln. Gerade beim Führen von remote Teams, sind Absprachen und Bedürfnisabfragen besonders wichtig.

Suchen Sie noch nach der richtigen Balance zwischen der offenen Türe und der absoluten Ruhe? Gerne unterstütze ich Sie. Wir analysieren gemeinsam, was die Hauptstörer sind, wann Sie besonders effektiv arbeiten können, wie Sie Vereinbarungen mit ihrem Team treffen können. Dann setzen Sie erste Veränderungen um und reflektieren mit meiner Unterstützung, wie es gelaufen ist und was vielleicht noch fehlt.

 

 

Ich bin Birgit Nüchter, Führungskräftecoach, Karrierecoach und Beraterin.

Birgit Nüchter

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