Erfolg durch Digitale Kultur – gibt es das?
„Ihr mit Eurem Kultur-Gedöns, Hauptsache die Leistung stimmt“. So hat vor kurzem ein Teilnehmer in einer Veranstaltung reagiert. Unabhängig davon hat Nele Kreyßig auf LinkedIn gefragt „was verbindet ihr mit dem Begriff digitale Kultur“. Da sind viele tolle Kommentare gemacht worden und es folgte ein spannendes Meetup zum Thema.
Aber mich beschäftigt immer noch der Kommentar aus dem ersten Satz um. Braucht es eine Unternehmenskultur? Braucht es eine spezielle digitale Kultur? Fragen Sie sich das auch manchmal?
Was heißt eigentlich digitale Kultur?
Die digitale Transformation zeigt sich in unterschiedlichen Unternehmen und Branchen ganz unterschiedlich. Von super fortgeschritten bis zu zaghaften und skeptischen Anfängen gibt es alles. Auch bei den zaghaftesten Anfängen hat die Digitalisierung Auswirkungen auf Arbeitsprozesse und -abläufe. Entsteht da schon die digitale Kultur?
Digitalisierung hat auch Auswirkung auf die Menschen im Unternehmen. Manche haben Angst vor Jobverlust, fürchten, dass „Kollege“ Computer ihre Arbeit übernimmt. Wieder andere haben Angst davor, nicht mithalten zu können. Damit sind wir schon mitten in einer Kulturdiskussion: wie werden die Dinge in einem Unternehmen gemacht? Welche (manchmal unausgesprochenen) Regeln gibt es? Ist das anders in einer digitalen Kultur?
In einer digitalen Kultur oder besser Unternehmenskultur gibt es eine deutlich höhere Veränderungsdynamik. (Denken Sie nur mal daran, wie oft Ihr Computer zu Hause nach einem Update verlangt – und das ist noch eine triviale Veränderung.)
Wenn Prozesse sich verändern, verändert sich oft die Art der Zusammenarbeit innerhalb eines Unternehmens. Durch die Digitalisierung sind zusätzlich die Schnittstellen nach außen (Kunden, Lieferanten, Kooperationspartner, …) betroffen. Wie geht ein Unternehmen damit um?
Letztendlich ist aber die Unternehmenskultur das, was sich im täglichen Umgang zeigt. Ich glaube, eine Unternehmenskultur gibt es immer. Egal ob sie explizit beschrieben wird (zum Beispiel durch Unternehmenswerte) oder nicht. Und egal ob es eine digitale Kultur ist oder einfach nur die Kultur im Unternehmen.
Was ist digital anders?
Wenn ein Unternehmen digital aufgestellt ist und zum Beispiel auch das Arbeiten außerhalb eines traditionellen gemeinsamen Büro-Ortes zulässt, gilt es, diese Freiheit der Ortsunabhängigkeit gut zu integrieren.
Regeln der Zusammenarbeit müssen neu formuliert werden, diese Regeln darf auch gerne das betroffene Team selber aufstellen. Es werden neue Vereinbarungen zur Erreichbarkeit nötig. Es muss klar sein, welche Werkzeuge wofür benutzt werden, und so weiter.
In der digitalen Welt ist eine hohe Veränderungsbereitschaft nötig. Dabei wird unser sehr menschlicher Wunsch nach Konstanz und Verlässlichkeit von der digitalen Welt leider nicht beachtet. Neue Tools, neue Geschäftsfelder, Agilität, Innovationen – all das (und noch mehr) charakterisiert die digitale Welt. Schlecht gemachte oder schlecht kommunizierte Veränderung ruft Widerstände hervor.
Und die Führungskraft in der digitalen Kultur?
Wann immer ich mit Menschen über das Thema Unternehmenskultur spreche, fällt früher oder später das Wort „Vertrauen“. Es ist die ganz große Aufgabe der Führungskräfte, ein Vertrauensklima zu schaffen. Dazu gehört Transparenz, Klarheit, auch Verletzlichkeit (auch Führungskräfte sind Menschen). Dazu gehört auch, dass ich den Zusammenhalt im Team schaffe – digital und analog.
Je klarer die Vision oder das Ziel des Unternehmens und auch des Teams sind, umso einfacher fällt es den Menschen, mit Veränderung umzugehen. Dabei wird immer wichtiger, dass klar ist, was diese Veränderung für jeden Einzelnen bedeutet.
Diese Übersetzungsarbeit ist Führungsaufgabe. Nicht immer sind die „großen“ Unternehmensziele so formuliert, dass Mitarbeitende z. Bsp. aus der Buchhaltung erkennen können, wie sie zu diesen Zielen beitragen können.
Je schneller und je einschneidender Veränderungen sind, desto größer wird die Gefahr, dass Fehler gemacht werden. Folglich ist es auch eine immens wichtige Führungsaufgabe, eine Lernkultur zu etablieren. Und in einer digitalen Welt und digitalen Kultur ist das enorm wichtig.
Das geht nur in einem Klima der Offenheit und des Vertrauens. Fehler, über die niemand spricht, werden wiederholt. Fehler, die diskutiert werden, bieten die Gelegenheit zu lernen.
Und nicht zuletzt ist es auch Aufgabe der Führungskraft, zur Partizipation einzuladen. In unserer komplexen Welt kann kein einzelner Mensch mehr alles wissen und können.
Wir brauchen Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Perspektiven, um unser Wissen gemeinsam einzusetzen und gute Entscheidungen zu treffen. Eine Führungskraft ist dabei Moderator oder Moderatorin. Vielleicht auch Impulsgeberin.
Mein Fazit
Ja, es gibt Dinge, die in der digitalen Welt besonders beachtet werden müssen, wenn mir als Führungskraft und als Unternehmen eine gute Unternehmenskultur wichtig ist. Aber die Kultur ist immer da – ich kann davon profitieren, wenn ich die Kultur gestalte und mein Team dazu einlade, mitzugestalten. Wenn es für mein Unternehmen passt, dass ich die Kultur digitale Kultur nenne, dann ist da auch okay.
Erfolg durch digitale Kultur? Das gibt es meiner Ansicht nach nicht. Erfolg durch eine gute Unternehmenskultur, das gibt es auf jeden Fall. Die digitale Kultur ist eine Form (und vermutlich nur ein Teilaspekt) der Unternehmenskultur.
Es lohnt sich unabhängig von digitaler Transformation, Einführung neuer Prozesse oder, oder, sich mit dem Thema Unternehmenskultur zu beschäftigen.
Und denken Sie daran: es gibt immer eine Unternehmenskultur. Selbst wenn Sie als Führungskraft nie darüber gesprochen oder geschrieben haben. Daher lohnt es sich, über das Thema zu sprechen und Einfluss zu nehmen.
Wie ist es in Ihrem Unternehmen und in ihrem Team? Haben Sie eine digitale Kultur? Was charakterisiert diese? Lassen Sie es mich gerne wissen, ich bin sehr daran interessiert, unterschiedliche Perspektiven zu erfahren.