Effiziente 1-1 Meetings gestalten

Johannes ist neu in seiner Rolle als Führungskraft und wird von mir in den ersten Monaten begleitet. Heute hatte er ein Thema mitgebracht, über das er schon einmal kurz laut nachgedacht hatte, nämlich 1-1 Meetings mit seinem Team zu etablieren. In seiner Firma ist das nicht üblich, er hat aber gute Erfahrungen damit als Mitarbeiter in einer früheren Firma gemacht. Johannes hat sich schon einige Gedanken gemacht und diese Coaching-Sitzung wurde eher ein Sparring und ein Erfahrungsaustausch.

1-1 Meetings heißen manchmal auch One-on-Ones, 1:1 Meetings oder schlicht Einzelgespräche.

Kann es zu viele 1-1 Meetings geben?

Studien von Gallup und Google (Project Oxygen) haben gezeigt, dass Mitarbeitende sich eine regelmäßige Kommunikation mit ihren Vorgesetzten wünschen. 1-1 Meetings können diese regelmäßige Kommunikation fördern und damit gleichzeitig für mehr Mitarbeiterzufriedenheit sorgen und das Verhältnis von Mitarbeitenden und Vorgesetzten verbessern. Eine Studie hat gezeigt, dass eine große Mehrheit der Mitarbeitenden sich wöchentliche Meetings wünscht.

In einer weiteren Untersuchung bei Fortune 100 Firmen fand das Microsoft Workplace Analytics Team „Employees of managers who don’t have 1:1 meetings are 4 times as likely to be disengaged.“ Das sind hohe Zahlen und diese Ergebnisse rechtfertigen die Zeit, die Manager in 1-1 Meetings stecken.

Für Manager sind 1-1 Meetings eine Zeitinvestition, die sich unbedingt lohnt. Und es wird nicht nur Zeit investiert, sondern wir investieren in die Beziehung. Und damit wiederum in die Arbeitszufriedenheit, die Effizienz der Leistung und auch die Qualität der Leistung.

Johannes hat noch ein relativ kleines Team und die meisten sind eher unerfahren und neu im Job. Er hat sich entschieden, mit jedem Mitarbeitenden einmal in der Woche 30 Minuten zu sprechen. Er wird in ein paar Monaten seine Mitarbeitenden fragen (im 1-1 Meeting), ob diese Taktung für sie passt und gegebenenfalls anpassen.

Wie führe ich die 1-1 Meetings ein?

Johannes hat sich entschieden, in seinem regelmäßig stattfindenden Teammeeting die 1-1 Meetings anzukündigen. Er wird seine Motivation erklären, warum es ihm wichtig ist, diese Meetings zu haben. Dabei wird er teilweise von seinen eigenen guten Erfahrungen berichten, aber auch die Studien heranziehen, die ihn dazu motivieren, diese Zeit zu investieren. Es ist ihm außerdem wichtig, dabei folgende Dinge zu betonen:

  • Die 1-1 Meetings sind ein sicherer Raum, um über Ideen, Pläne, Wünsche, Verbesserungsvorschläge, Ideen, etc. zu sprechen. Nicht alles wird gleich umgesetzt werden, aber es ist ein offener Raum, in dem alles möglich ist.
  • Diese Meetings sind keine erweiterten oder ergänzenden Statusmeetings.
    Beim 1-1 Meeting geht es in erster Linie um die Mitarbeitenden. Es ist die Gelegenheit, um Dinge anzusprechen, die nicht gut laufen, über Karrierepläne zu sprechen, über Schulungswünsche, etc.
  • Die Meetings finden mit allen Teammitgliedern statt – es gibt keine Ausnahmen.
  • Die Meetings werden nur im äußersten Notfall abgesagt, wenn ein Termin einmal nicht klappt, dann wird er verschoben.
  • Die Meetings finden normalerweise in Präsenz statt, außer bei den Teammitgliedern, die in einer Außenstelle arbeiten.
  • Im Meeting ist auch Feedback an mich als Führungskraft erwünscht.

Diese Ankündigung kann auch als E-Mail erfolgen. Aber wenn möglich, rate ich dazu, die Ankündigung persönlich zu machen.

Worum geht es in dem Meeting

Als Führungskraft ist es wichtig, sich immer wieder klarzumachen, dass es in den 1-1 Meetings vorrangig um die Mitarbeitenden geht. Es ist verführerisch, nur „kurz“ einen Statusupdate zu erfragen – und schwupp sind die 30 Minuten um. Hier ist Selbstdisziplin erforderlich – und wenn es bereits ein gutes Verhältnis zu den Mitarbeitenden gibt, dann sollten diese die explizite Erlaubnis haben, den Wunsch nach Statusupdate infrage zu stellen.

Beispiele für Themen aus einem 1-1 Meeting sind:

  • Eine Mitarbeiterin ist auf einer sogenannten „Talentliste“ – was heißt das für sie, worauf sollte sie achten, was sind wichtige Dinge, die sie sich ansehen sollte, wo sollte sie präsentieren oder sichtbar sein…..
  • Ein Mitarbeiter hat einen Wunsch nach Veränderung – hier kann die Führungskraft eine Diskussion über Stärken und Schwächen, Vorlieben und dem Bedarf innerhalb der Firma führen. Es kann ein Fahrplan erstellt werden, wie die Veränderung herbeigeführt werden kann und in welchem Zeitraum. Das füllt sicher mehrere Termine.
  • Eine Mitarbeiterin hat eine Präsentation gehalten, die aus ihrer Sicht nicht gut gelaufen ist. Hier kann die Führungskraft Feedback geben, aber auch Selbstbild und Fremdbild abgleichen. Vielleicht gab es die eine oder andere Unsicherheit, aber insgesamt gab es gutes Feedback? Oder es gibt wirklich Verbesserungsbedarf, dann kann eine Strategie entwickelt werden, wie sich die Mitarbeiterin weiterentwickeln kann.
  • Ein Mitarbeiter hat eine neue Rolle im Team übernommen und hat nach den ersten Tagen Fragen dazu.
  • und so weiter

Was ist mit meinen Mitarbeitenden, die an einem anderen Ort arbeiten?

Kein Problem. Das 1-1 Meeting findet online statt, idealerweise mit einem Videokonferenz-Tool.

Mein Tipp: Wenn es (aus welchem Grund auch immer) ab und zu Treffen in Person gibt, bietet es sich an, auch ein 1-1 Meeting zu terminieren und es dann in Person zu machen.

Gibt es eine feste Agenda und ein Protokoll?

Johannes hat sich im ersten Ansatz dagegen entschieden. Er möchte erst einmal testen, welche Themen aufkommen und wie sein Team auf die 1-1 Meetings eingeht.

Er wird sich aber Notizen machen (und dies auch seinem Team sagen), da er sichergehen möchte, nichts Wichtiges zu vergessen. Vor allem, wenn es darum geht, etwas nachzuverfolgen. Er wird auch sein Team ermutigen, sich Notizen zu machen.

Es gibt Vorschläge für Agenden und auch den Ansatz, im Nachgang ein Protokoll zu schreiben. Es gibt hier kein Richtig oder Falsch, sondern persönliche Präferenzen, Organisationskultur und eigene Erfahrungen.

Wie finde ich heraus, ob sich meine Zeitinvestition lohnt?

Johannes hat ein 9-köpfiges Team. Er spricht mit jedem einmal in der Woche 30 Minuten. Das sind 4.5 Stunden jede Woche, die er investiert – und das ist die reine Meetingzeit. Zu einigen Gelegenheiten wird Vorbereitung oder Nachbereitung anfallen. Ab und zu wird ein Meeting ausfallen (Urlaub, Krankheit). Dennoch kann er davon ausgehen, dass er 5 Std. pro Woche in die 1-1 Meetings investiert.

Johannes will sicher sein, dass sich dieses Investment lohnt und hat einen Plan aufgestellt. Er beginnt mit den 1-1 Meetings wie besprochen und will eine Routine etablieren. Nach 3 Monaten wird er das erste Mal mit jedem Mitarbeitenden sprechen und Feedback einholen. Er hat sich auch schon überlegt, dies nach dem Start-Stop-Continue Schema, das er aus den Retros von agilen Projekten kennt. Es ist ein einfaches Schema, braucht nicht viel Zeit und bringt die wichtigsten Dinge ans Licht.

Danach wird er in regelmäßigen Abständen, aber mindestens 2x im Jahr Feedback einholen.

In meiner Firma gibt es bereits 1-1 Meetings….

Manchmal stehen neue Führungskräfte vor der Situation, dass es bereits Usus ist, dass 1-1 Meetings durchgeführt werden. Wenn diese gut laufen und gut etabliert sind, dann ist das prima und eine Führungskraft kann es sich zunutze machen, dass Mitarbeitende schon wissen, was von Ihnen erwartet wird und was im 1-1 passiert.

Wenn aber die 1-1 Meetings zu Statusmeetings mutiert sind, dann ist die neue Führungskraft besonders gefordert. Denn hier müssen neue Gewohnheiten geschaffen werden. Dann ist es umso wichtiger, die Erwartungshaltung deutlich zu kommunizieren (sicherlich mehr als einmal) und in den jeweiligen Meetings ganz genau hinzuhören und einzuhaken, wenn sich die Themen in eine unerwünschte Richtung drehen.

Sie möchten auch 1-1 Meetings aufsetzen?

Sie sind sich unsicher, wie das zu Ihrer Unternehmenskultur passt? Sie wissen nicht genau, wie und wo anfangen? Gerne unterstütze ich Sie mit Tipps, Ideen und als Sparringspartnerin.

Übrigens: Johannes heißt nicht Johannes, sein Team besteht auch nicht aus 9 Personen und die Geschichte ist von mir verfremdet worden, um dem Vertraulichkeitsgrundsatz im Coaching gerecht zu werden.

Ich bin Birgit Nüchter, Führungskräftecoach, Karrierecoach und Beraterin.

Birgit Nüchter

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